©MatthiasZölle

Calima

„Mit seinem in Münster uraufgeführten Stück „Calima” ist Daniel Goldin ein begeisternd impressionistischer Tanzabend gelungen. Befreit von schwerer Bedeutungslast findet das achtköpfige Ensemble zum farbig-leichten Ausdruck von Lebens- und Bewegungsfreude.

 „Calima” ist der Name des trockenen Dunstes, der – wie das Programmheft versichert – als schwere Dunstglocke über dem südlichen Spanien hängen kann. Was Daniel Goldin, der Chef des Münsteraner Tanztheaters, am Kleinen Haus der Städtischen Bühnen unter diesem Titel bot, war jedoch weder trocken noch lastend, sondern sprühte geradezu vor Lebensfreude und Bewegungslust. (…)So selbstverständlich sind Goldin die Übergänge zwischen den einzelnen Auf- und Abtritten seiner vier Tänzerinnen und Tänzer schon lange nicht mehr geglückt. Im Wechsel von Soli, Paar- und Gruppentänzen stellt sich der Eindruck her, ein zusammenhängendes Ganzes aus hingetupften Impressionen vor sich zu haben, ohne dass zwanghaft der Bedeutung jeder Einzelheit nachgedacht werden müsste.

Von gleicher schwebender Selbstverständlichkeit ist auch die Synthese von Tanz und Musik, die Goldin lange nicht mehr so gelungen ist. Ohne sie zu bebildern bleibt der tänzerische Ausdruck ganz nah an der Musik aus aller Welt, vornehmlich aus Südamerika, aber auch aus Finnland oder dem Fernen Osten. Die Nähe ist dermaßen groß, dass man mehrfach das Ensemble im Tanzen singen zu hören glaubt. Nur manchmal ertönt ein Nebelhorn, zieht die Bewegungen auf den Boden zurück und erinnert an den dunstträchtigen Titel.

In seiner Arbeit mit dem Ensemble scheint Goldin das Kunststück gelungen zu sein, auf die Individualitäten seiner Tänzerinnen und Tänzer einzugehen, ohne sich ihnen auszuliefern. (…)  Auf der Bühne zaubert Goldin eine solche Vielzahl farbiger, lebendiger Bilder, dass man mit dem Photographierverbot hadert. So bleibt die Freude, der Entwicklung eines Tanzstücks zuzusehen, dessen Szenen so leicht hingehaucht sind wie die Baumwollbällchen und weißen Federn, die am Ende über die Bühne wehen. „Calima” ist nicht in jedem Detail auf den Erkenntniseffekt, dafür im Ganzen auf die Freude an der Bewegung gelungen ausgelegt.

Nach gut eineinviertel Stunden gab es begeisterten Applaus für das ganze Ensemble und Trampelbeifall für das Regieteam um Daniel Goldin. Unsere Empfehlung: Muss man hin!”

Hanns Butterhof, Recklinghäuser Zeitung, 28. November 2005


„(…)„Calima”  heißt der trockene Dunst in Südspanien, der sich oft tagelang über die Landschaft legt.(…) Hier erzählen die Körper von möglichen Zuständen unter derartig belastenden klimatischen Bedingungen. Realistisches fließt zu Traumartigen über. In der Choreographie entfalten sich assoziative Übersetzungen, populäre Bilder und emotionale Verwicklungen zwischen Frida Kahlo und kurzen Einschüben asiatischer Bewegungskunst. Dazu eine Collage mit „Weltmusik” von Björk über KODO zu Youssou N’Dour, überlagert von einem wiederkehrenden, dissonant tutendem Horn, was allzu große Eintönigkeit verhindert. Schwer Melancholisches transportiert Goldin. (…) Mitunter blitzt Selbst-ironie auf, wenn das Ensemble die Goldinsche Bewegungssprache in Hip-Hop Dancing überführt. (…)”

Marcus Termeer, taz nrw, 30. November 2005


„Was sich in Daniel Goldins Choreographie „besloten hofjes” ankündigte, setzt sich im neuen Münsterschen Tanzabend „Calima” fort: der hochsensible Argentinier kehrt – kongenial unterstützt von Matthias Dietrich (Bühne), Gaby Sogl (Kostüme) und Reinhard Hubert (Licht) – zu seinen atmosphärischen Tanz- und Musikcollagen der Anfangsjahre zurück. Der Titel klingt poetisch, der spanische Begriff allerdings bezeichnet nüchtern-wissenschaftlich ein Naturphänomen. (…) Von der „Dunstglocke”, die sich bei derartigen thermischen Verwirbelungen über spanische Hochplateaus legt, ist auf der Bühne nichts zu sehen. Eher meint man sich an einen sommerlichen Strand oder auf den Marktplatz einer kleinen Stadt versetzt. (…) Eine farbenfrohe Idylle und melancholische Stimmungen wechseln einander ab zu einer Collage aus Weltmusik vom Band. (…)”

Marieluise Jeitschko, Gießener Allgemeine, 28. November 2005


„(…)Die Künstler beeindruckten mit permanenter Konzentration, da oftmals auf die Sekunde genau ein neuer Stil oder Ausdruck von ihnen gefordert wurde. Von einem Moment auf den anderen wechselten sie von anmutigem Paartanz zu zuckenden Gefühlsausbrüchen, von ruhigen, fließenden Bewegungen zu puppenhaftem Gang. Goldins Choreographien stehen für eine Mischung aus Poesie und Realität, Emotionen und Ausdruck. „Calima” fügt sich hier mühelos ein. Ein Zuviel an Fröhlichkeit zerstört er durch die Lieder über-lagernde, verstörende Tonsequenzen. Die Körpersprache ist mal selbstvergessen, mal energisch, mal scheinbar unkontrolliert. (…) Eine souveräne Arbeit, die das Publikum mit stehenden Ovationen honorierte.”

Julia Schay, Münstersche Zeitung, 28. November 2005


„(…)Nur selten berühren sich die acht Tanzenden. Einmal defilieren Paare flirtend herein. In einer anderen Szene umarmen Einzelne die Köpfe anderer, die zu leblosen Puppen erstarren. Mehrere kleine Ensembles, die sehr an Pina Bauschs berühmte Diagonalen mit abgewinkelten Ellenbogen im streng militärischen Rhythmus erinnern, begeistern durch Goldins sehr eigene Note. (…)”

Marieluise Jeitschko, Neue Westfälische, 28. November 2005

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